„WIRD MEHR ZEIT BRAUCHEN“
Hertz steigt bei E-Autos auf die Bremse
Der US-Autovermieter Hertz will sich in von rund 20.000 E-Autos trennen und diese teilweise wieder durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren ersetzen. Laut Hertz-Chef Stephen Scherr ändere das zwar nichts an der grundsätzlichen E-Auto-Strategie des weltweit aktiven Konzerns – die Umstellung auf Elektroantriebe erweise sich allerdings als komplexer als zunächst angenommen, wie es dazu mit Blick auf auf Kosten und Nachfrage hieß.
Online seit heute, 22.08 Uhr
Der im Rahmen des vierten Quartalsabschluss bekanntgegebene Verkauf von rund einem Drittel der E-Auto-Flotte habe im vergangenen Monat begonnen und werde im Laufe des Jahres 2024 fortgesetzt, wie Hertz laut Medienberichten am Donnerstag mitteilte.
Vom Tisch ist damit das erst im Februar des Vorjahres mit dem Jahresbericht 2022 ausgegebene Ziel, wonach bis 2024 jedes vierte von Hertz vermietete Fahrzeug einen E-Antrieb haben soll. Im Rahmen der nur wenige Wochen nach einem abgeschlossenen Insolvenzverfahren angekündigten E-Auto-Offensive kündigte Hertz 2021 den Kauf von 100.000 Fahrzeugen Tesla an.
Wie es mit diesem Deal weitergeht, bleibt offen. Außer Frage steht: Angesichts der laut Medienberichten rund 60.000 im Hertz-Angebot befindlichen E-Autos steht die Lieferung von Zehntausenden Teslas weiter aus. Betroffen von der „dramatischen Kehrwende“ (Zitat Bloomberg, Anm.) sind auch weitere Hersteller von E-Autos. 175.000 Fahrzeuge wollte Hertz innerhalb von vier Jahren allein von General Motors, 65.000 weitere von dem schwedischen E-Auto-Hersteller Polestar kaufen.
Schwache Nachfrage, teure Reparaturen
Den Bloomberg-Angaben zufolge kommt der nun angekündigte Schritt nicht gänzlich überraschend. So habe Hertz bereits im Oktober auf die mit im Zusammenhang mit E-Autos verbundenen hohen Kosten verwiesen. Die Bemühungen, diese zu senken, hätten sich als schwieriger als erwartet erwiesen – „die hohen Kosten im Zusammenhang mit E-Fahrzeugen blieben bestehen“, wie der Hertz-Chef nun im Bloomberg-Interview eingestand.
Hinter der Entscheidung, die E-Auto-Flotte wieder zu reduzieren, ständen die im Vergleich zu Autos mit Verbrennermotoren noch verhältnismäßig teure Anschaffung und die weiter deutlich höheren Reparatur- und Instandhaltungskosten. Dazu kommen wiederholte Preissenkungen bei Tesla und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Wiederverkaufswert der zuvor deutlich teurer gekauften Fahrzeuge, die gleichzeitig den Löwenanteil der derzeitigen E-Auto-Flotte von Hertz ausmachen.
Aus für Tesla bei Sixt
Da Autovermieter wie Hertz viele ihrer Fahrzeuge auf dem Gebrauchtwagenmarkt verkaufen, habe der Wertverlust große Auswirkungen auf ihr Geschäft und sei somit auch ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung, welche Fahrzeuge sie in ihre Flotte aufnehmen, hieß es dazu bei CNN. Deutlich wurde das zuletzt auch mit Blick auf Europas größten Autovermieter Sixt.
Wegen schwacher Wiederverkaufswerte informierte der Hertz-Konkurrent erst vor wenigen Wochen seine Kundschaft, keine E-Autos von Tesla mehr kaufen zu wollen. „Wir möchten Sie darüber informieren, dass wir derzeit keine weiteren Tesla-Fahrzeuge anschaffen. Darüber hinaus bauen wir unseren Bestand an Tesla-Fahrzeugen in unserer Mietwagenaboflotte aktuell ab“, zitierte das deutsche Nachrichtenmagazin „Fokus“ aus einem Schreiben von Sixt.
Neben „niedrigen Restwerten“ stellte auch Sixt die bei batteriebetriebenen Fahrzeugen höheren Listenpreise und Reparaturkosten in den Fokus. So wie Hertz legte Sixt aber auch ein Problem mit der Nachfrage von E-Autos nahe. Diese liege bei Elektromobilität „noch klar unter dem Level von Verbrennern“, wie es in dem von „Fokus“ veröffentlichten Sixt-Schreiben hieß. Reuters-Angaben zufolge wolle Sixt ungeachtet dessen weiter an seiner bisherigen Strategie festhalten und bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu 90 Prozent seiner Flotte auf Elektro umzustellen.
„Besseres Gleichgewicht“ erwartet
Auch bei Hertz wolle man an der bisherigen Elektromobilitätsstrategie weiter festhalten – es werde allerdings mehr Zeit brauchen, diese umzusetzen, wie Scherr den Bloomberg-Angaben dazu sagte. Vom nun angekündigten E-Auto-Verkauf und den mit einem Teil der Einnahmen geplanten Kauf von Autos mit Verbrennermotoren erwarte man nun aber ein „besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und erwarteter Nachfrage nach Elektroautos“. Neben anhaltender Bedenken etwa mit Blick auf das Laden und die dafür notwendige Infrastruktur hätten zuletzt etwa die in den USA gesunkenen Spritpreise zuletzt die Nachfrage nach E-Autos offenbar weiter gedrückt.
pepr, ORF.at/Agenturen
Schicksal ist die Zukunft, an deren Gestaltung man nicht hart genug gearbeitet hat